Sonntag, 28. Oktober 2012

Fall of Efrafa

Es gibt Tage, die sind einfach nur frustrierend: Irgendwelche Dinge, die nicht funktionieren; Institutionen, die ewig auf Antworten warten lassen; irgendwelche Leute, die bei Dritten anrufen und nach Dir fragen, aber weder Namen noch Telefonnumer hinterlassen; Literatur, die Du Dir erst umständlich besorgen musst usw. usf.

Dazu passend die kalte Jahreszeit, in der sich die Tage eher mehr als weniger in ein diesiges Grau kleiden.

Und dann läuft einem Musik über den Weg, die praktisch den Soundtrack dazu liefert. Genau genommen sind es bei mir zwei Bands. Zunächst: Fall of Efrafa.

Der umständliche Name geht auf den Roman "Watership Down" von Richard Adams zurück. In ca. vier Alben haben die jungen Herren aus Brighton (UK) versucht, diesem Roman Tribut zu zollen. Und das mit einem Sound, der sich als tonnenschwere Gitarrenwand auf die Hörer zuschiebt, dabei aber dennoch mit filigran verspielten Melodien und spürbarer Aggression aufwartet. Darunter sind dann u. a. solche Perlen wie "The Burial" zu finden.

   

Das geht - wie unschwer zu erhören - in Richtung Year of No Light und Cult of Luna. Aber trotzdem empfinde ich es nicht als Abklatsch. Im Gegenteil: Ich war total begeistert. Der einzige Nachteil: Fall of Efrafa gibt's leider nicht mehr.

Dafür hat Sänger Alex gleich mal eine neues Projekt gegründet, das mit einem ähnlichen Konzept unterwegs ist: Light Bearer. Musikalisch wandelt das Projekt wieder auf ähnlichen Pfaden wie Fall of Efrafa und ist natürlich ein Genuss. Das neuste Werk von 2011 - "Lapsus" - wird vereinzelt bereits als "Offenbarung" und "Meisterwerk" bezeichnet. Dem kann ich nichts weiter hinzufügen, außer die Empfehlung, einfach mal bei Light Bearer (und Fall of Efrafa) reinzuhören und sich die ein oder andere Scheibe zuzulegen.

Karpfen statt Lachs

Rolf Anschütz war Ingenieurökonom für Gastronomie und versuchte im tiefsten Thüringen, japanisch zu kochen. Mit seinem Erfolg brachte er die ganze HO- und Parteilleitung durcheinander und brachte es sogar zu einer Ausszeichnung durch den japanischen Kaiser. Das klingt nach einem interessanten wie skurilen Stoff für eine Verfilmung. Wenn dann noch der von mir hochgeschätzte Uwe Steimle die Hauptrolle übernehmen soll, was soll da eigentlich noch schief gehen?



Gestern war ich in "Sushi in Suhl", der diese Woche angelaufen ist. Der Film hält sich nur grob an die Hintergrundgeschichte von Anschütz, was durchaus zu verschmerzen ist. Das erste Drittel des Films ist unterhaltsam und mit Liebe zum Detail ausgestattet: Die ein oder anderen Klischees flakern zwar kurz auf, aber "Sushi in Suhl" ist weder ostalgisch, noch ist sie ein DDR-Drama - obwohl der Stoff natürlich sowohl Humoriges, als auch Tragisches bietet. Aber leider greift der Film nicht beherzt genug zu.

Mir ist klar, dass der humorvolle Umgang mit der DDR immer Gefahr läuft, zu einer billigen DDR-Klamotte zu verkommen. Aber meiner Meinung nach hätte der Film trotzdem eine derbere Prise Humor vertragen. Allerdings ist der Anschütz im Film eine tragische wie egoistische Figur: Das bringt der Film durchaus zum Ausdruck. Doch leider geht die Tragik in den schnellen Sprüngen, in denen dann die Geschichte vorangetrieben wird, völlig unter.

Lückenhaft ist der Film, wenn aus dem Off ständig der Sohn von Anschütz spricht, mensch über ihn aber wenig erfährt. Irgendwo mittendrin im Film ging er - meinem Gefühl nach - ganz verloren und ich fragte mich dann, warum am Ende weder etwas über ihn, noch über die Frau von Anschütz erzählt wird. Da sich der Film ohnehin nur grob an der Lebensgeschichte von Anschütz zu orientieren scheint, wäre doch noch etwas mehr drin gewesen. Und damit meine ich nicht, dass der Film hätte unbedingt in einem Happy End münden müssen!

Ärgerlich sind außerdem die Szenen im letzten Drittel, in denen lieblos der Bluescreen verwendet wurde. Offenbar hat mensch sich noch nicht mal im Ansatz die Mühe geben wollen, diese Szenen nicht wie Bluescreen aussehen zu lassen. Gut, als Kunstkniff mag das ja noch akzeptabel sein, dafür war's dann aber auch zu dilettantisch.

Überhaupt: Der Film fließt ab der Mitte - und besonders im letzten Drittel - zäh dahin, was u. a. daran liegt, dass es im persönlichen Leben des Film-Anschütz eine Wendung gibt. Statt hier aber verstärkt die Tragik herauszukehren, dümpelt der Film seinem noch in der Ferne befindlichen Ende entgegen. Tja und tatsächlich erst am Ende scheint den Filmmachern einzufallen, dass da noch etwas Tragik in der Figur steckt - aber das wirkt dann gekünstelt, gestresst, auf den letzten Drücker: Es passt einfach nicht.

Und dann wäre da noch Steimle. Ich weiß nicht, wie ich das sagen soll, denn ich mag Steimle eigentlich sehr. Doch irgendwie schien ihm die gewisse Leichtigkeit zu fehlen, die zur Darstellung nötig gewesen wäre. In den Szenen, in denen Anschütz die Entmutigung, Resignation und stille Trauer regelrecht ins Gesicht geschrieben war, da verspielte Steimle mit seiner Ernsthaftigkeit die notwendige Authentizität. In solchen Szenen wirkte Anschütz wie die Bühnenfigur Günther Zieschong, der im Film aber das Publikum fehlte. Der stille Pathos, der bei Zieschong auf der Bühne funktioniert, der funktionierte nicht im Film. Und das ist schade, denn eigentlich hätte sich Steimle nur etwas zurücknehmen müssen.

Nichtsdestotrotz war der Film, soweit ich das als Laie beurteilen kann, recht gut besetzt, u. a. mit Ina Paule Klink, Ernst-Georg Schwill und Hilmar Eichhorn, die ja vom Fernsehen her bekannt sein dürften. Möglicherweise lag es daher wohl auch an der Umsetzung des Stoffes bzw. am Drehbuch, dass der Film bei mir nicht so recht zünden wollte.

Fazit: "Sushi in Suhl" ist interessant, hat auch einige schönen Momente (z. B. das gemeinsame Baden und Musizieren) und wer mit Ost-Verwandten in den Film geht, hat sicher auch etwas zu lachen. Doch ab der Mitte verliert sich die Spannung, der Film wirkt dann streckenweise gehetzt und mündet letztlich in ein Ende, das dann zwar schon herbeigesehnt wurde, trotzdem aber ein unbefriedigendes Gefühl hinterlässt.

Montag, 22. Oktober 2012

Arbo schaut fern: Seth Rydell, Frank Wagner … und dann war da ja noch die GSI

Ich möchte an dieser Stelle auf eine schwedische TV-Serien aufmerksam machen, die ich dank der Mediathek des ZDFs verfolgen konnte und der es gelang, meine Sympathie zu gewinnen: GSI – Spezialeinheit Göteborg (im Original: Johan Falk: GSI - Gruppen för särskilda insatser). Um was es bei der Serie geht, ist eigentlich recht schnell erzählt: Sie dreht sich um eine schwedische Spezialeinheit, die sich um organisierte Kriminalität kümmert, dabei auf Informant(inn)en zurückgreift und auch sonst eher am Rande der Legalität arbeitet.

Klingt eigentlich nicht wirklich spektakulär, ist es auch nicht. Und gemessen an dem eigentlichen Protagonisten – Johann Falk, gespielt von Jakob Eklund –, ist es für mich überhaupt ein Rätsel, weshalb mich die Serie trotzdem in ihren Bann geschlagen hat: Denn egal aus welcher Einstellung und in welcher Situation Eklund gefilmt wird, sein Gesichtsausdruck scheint ständig einen halboffenen Mund und ein leichtes Grinsen zu zeigen. Auch die Abteilung der GSI bleibt etwas blass, obwohl sich das in der zweiten Staffel mit der Geschichte um Sophie Nordh (gespielt von Meliz Karlge) etwas zu bessern scheint. Was ist es also, was mich an dieser Serie so fasziniert?

Da ist zum einen die Meta-Geschichte um Frank Wagner, der für die GSI als Informant tätig ist und für den sich Johann Falk als Verbindungsmann verantwortlich zeichnet. Zum einen ist es interessant, wie sich Wagner zwischen „Verrat“ und Illegalität bewegt und dabei auch noch sein Privatleben unter einen Hut zu bekommen versucht. Gut, diesen Zwiespalt mögen andere auch bei Dexter finden – freilich unter ganz anderem Vorzeichen. Trotzdem gelingt es der Serie, das bei Wagner recht spannend zu erzählen. Zum anderen ist es aber die Beziehung zwischen Frank Wagner und Johann Falk, die immer wieder für Spannung sorgt. Letztlich zeichnet sich im Laufe der Serie ab, dass Wagner als Informant aussteigen will. Doch werden ihm dabei immer wieder Steine in den Weg gelegt. Das ist zu einem gewissen Grade vorhersehbar, aber auch das hält irgendwie bei der Stange. Vor allem aber ist es konsequent umgesetzt, weil es gerade in der zweiten Staffel Folgen gibt, in der sich die Wagner-Geschichte sehr zurücknimmt.

Tja und auf der anderen Seite ist da Seth Rydell, gespielt von Jens Hultén. Das ist der Chef jener Gang, mit der Wagner in Kontakt steht und in der er spioniert. Rydell erscheint eigentlich als regelrechter Unsympath, als brutales und unberechenbares Schwein. Das zeigt sich auch später, wenn er von Sophie Nordh als Informant „gewonnen“ wird und in einer Staffel recht skrupellos einen „Kollegen“ mit Frischhalte-Folie beseitigt. Auch, wenn er in den letzten Folgen der zweiten Staffel etwas weicher scheint, so wirkt er immer noch wie ein unberechenbarer Soziopath. Und genau darin liegt der Reiz: So, wie die Serie über Rydell mit dem Zuschauer spielt, das ist m. E. einfach klasse und macht Spaß. Für mich gehört Rydell mit seinen Freizeithosen – die sich in einer Folge, gleich nachdem er aus dem Knast kommt, anzieht – irgendwie zu einem der genialsten TV-Bösewichte, die ich kenne.

 (Quelle: tvspielfilm.de)

Ansonsten gibt es vor allem in der zweiten Staffel ein paar interessante Geschichten. Zum Beispiel geraten in „Rache der Löwen“ (Folge 2) zwei verfeindete Gangs aneinander, was durch unglückliche Zufälle eine faschistische Untergrundorganisation auf den Plan ruft, die sich – davon ausgelöst – daran machen möchte, Schweden zu „übernehmen“. Auch die letzte Folge, „Unter Beschuss“ (Folge 6), ist eine spannend verzwickte Geschichte: Wagner scheint aufgeflogen zu sein, denn eine militärisch geschulte Gruppe überfällt ihn. Aber so richtig ist das nicht raus. Die gleiche Gruppe schießt auch Sophie Nordh von der GSI nieder. Wie passt das zusammen? Während Wagner sowohl von den Gangstern, als auch von der Polizei gesucht wird und obendrein das Geld verlor, mit dem er sich zur Ruhe setzen wollte, fliegen offenbar weitere Informanten auf.

Fazit: Die Serie ist jetzt vielleicht nicht der absolute Hammer, hat aber mit der sich entwickelnden Geschichte um den Informanten Frank Walter, einem coolen Bösewicht wie Seth Rydell und ein paar interessanten Geschichten das gewisse Etwas, das Spaß macht und bei der Stange hält.

Sonntag, 21. Oktober 2012

Zornigst in den Herbst

Mittlerweile sollte mensch die Nachrichten tunlichst vermeiden, sonst hebt sich der Blutdruck in ungeahnte Höhen.

Ich sage nur „Fachkräftemangel“. Da schreibt die Zeit „richtig“, dass es trotz vorgeblichen Fachkräftemangels Arbeitslosigkeit gibt – auch bei Ingenieuren. Aber dann kommt sie mit einer Erklärung um die Ecke, die einen aber sowas von selten dämlichen Vergleich enthält:
„»Mismatch« nennen Ökonomen dieses Nichtzusammenpassen von Angebot und Nachfrage. Es ist ein bisschen wie früher im Sportunterricht: Schüler gibt es genug, aber wenn die Fußballmannschaft gewählt wird, bleiben immer welche auf der Bank, die Dicken, die Unsportlichen, die Unbeliebten. Die, die vielleicht vieles sehr gut können, aber eben nicht Fußballspielen.
Es gibt zwei Möglichkeiten, mit dem Mismatch umzugehen: Man kann die Unsportlichen trainieren, so lange, bis sie gute Fußballer sind. Oder man lässt sie sitzen und holt sich gute Spieler aus der Nachbarklasse“ (Quelle: Zeit).

Gut, der Artikel lässt dann noch kritische Töne anklingen. Aber trotzdem der Vergleich: Geht‘s noch? Sind jetzt die 20.000 Ingenieure, die laut Zeit in Deutschland derzeit arbeitslos sind, „dick“ und „unsportlich“? Das hat schon was vom „Wohlstandsmüll“ eines Herrn Maucher, was völlig zu Recht 1997 zum Unwort des Jahres gewählt wurde.

Am Ende dann wieder die endlose Geschichte von der niedrigen Arbeitslosenquote unter Akademikern:

„Dass Ingenieurstudenten wie Dana Sommerfeld nach dem Studium vielleicht vor einem Loch stehen, das sehr viel kleiner ist als in der Zeitung steht. Statt des F-Worts würde dann das A-Wort drohen: die Arbeitslosigkeit. Beiden Wörtern wohnt eine Wucht inne, mit der sich Panik machen lässt. Zu Unrecht, zumindest, was Akademiker betrifft. Deren Arbeitslosenquote liegt konstant bei etwa vier Prozent – seit mehr als 50 Jahren“ (Quelle: Zeit).

Gut, auch in der FAZ war zu lesen, dass die Arbeitslosenquote bei AkademikerInnen zwischen zwei und drei Prozent liege. Aber irgendwie deckt sich das nicht mit meinen Erfahrungen. Einer meiner Bekannten erzählte mir kürzlich, dass er sich für eine Koordinatoren-Stelle an einer Uni bewarb. Ich vermute, es war eine dieser Stellen, die im Rahmen des Qualitätspaktes für Lehre geschaffen werden. Jedenfalls war er einer von 400 bis 500 BewerberInnen. Wenn die Lage auf dem Arbeitsmarkt wirklich sooooo rosig ausschaut, frage ich mich, wie es zu solchen Zahlen kommen kann.

Hinzu tritt, dass wenig bis gar nicht über die Zustände an den Universitäten berichtet wird. Mir ist kürzlich ein Beitrag über einen Physiker und Astronomen über den Weg gelaufen, der zwar etwas älter ist, aber der aber eine Situation beschreibt, die m. E. heute immer noch an den Universitäten anzutreffen ist. Und wer Augen hat, zum Lesen, der oder die wird sich wundern, was zumindest in der Wissenschaft alles an Stellen angeboten wird: Befristungen, so weit das Auge reicht. Viel zu häufig auch noch gestückelt, was das Zeug hält: 1/2- oder 3/4-Stellen sind längst keine Seltenheit mehr. Mache das mal jemand in einer Großstadt wie München, Düsseldorf oder Hamburg. Viel Spaß! Von dem ganzen anderen Mist, der z. B. an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Leipzig läuft, ganz zu schweigen (siehe student!, dort vor allem im Kommentarbereich).

Aber gut, ein anderes Thema, bei dem sich die Faust in der Tasche ballt. Als ob ich es nicht schon vor Wochen geahnt hätte, jetzt haben die Deppen der SPD den Steinbrück wirklich zum Kanzlerkandidaten gemacht (siehe Albrecht Müller im Freitag).

Liebe SPD, hat Euch jemand die letzten verbliebenen Krümel Hirn durch seine Exkremente substituiert?!

Meine Fresse, wie dämlich muss mensch sein. Die große Koalition ist damit schon beschlossene Sache. Also ab nächstem Jahr weitere vier Jahre Stillstand bzw. eine schädliche Politik für Europa und Deutschland. Kurz: Zögerliche Umsetzung von Richtlinien zur Transparenz, Zögerlichkeit in der Einführung einer Finanztransaktionssteuer und weiterer Finanzmarktregulierungen, eine weitere Einkommensspreizung und Hofierung des Kapitals etc.

Ist sonst noch etwas passiert? Ja, der Verein für Socialpolitik hat sich einen Ethik-Kodex gegeben. Was, der Verein für Socialpolitik (VfS) ist nicht bekannt? Dann gut, als Kurzfassung: Das ist DIE Vereinigung im Bereich der deutschen Volkswirtschaftslehre. Da ist alles drin, was Rang und Namen hat, der Rürup, Wolfgang Franz usw. Jetzt haben die sich also auf ihrer Jahrestagung in Göttingen einen Ethik-Kodex gegeben.

Klingt gut, ist es irgendwie auch. Naja, besser als nüscht, wird mensch sagen. Denn erstens kommt der Kodex - gelinde gesagt - reichlich spät – JournalistInnen, SoziologInnen, PolitikwissenschaftlerInnen usw. haben das schon längst und außerdem gibt noch allgemeine Vorschriften zur wissenschaftlichen Arbeit von der DFG.

Zweitens haben die Damen und Herren auch reichlich lange gebraucht: Angeblich soll laut eigenen Angaben schon seit 2010 eine Kommission damit beauftragt gewesen sein. Und drittens ist das Ergebnis für die zwei Jahre Arbeit mehr als nur dürftig: Lauter Selbstverständlichkeiten, dehnbare Begrifflichkeiten, nichts wirklich Konkretes, keine Sanktionen und letztlich geht der Kodex offenbar auch an Kräfteverhältnissen der Hochschulen vorbei (siehe Kritik hier).

Interessanterweise gab‘s zur gleichen Zeit, in der der VfS seine Jahrestagung abhielt, eine Ergänzungsveranstaltung, auf der u. a. der Ethik-Kodex des VfS diskutiert wurde. Die gesamte Tagung wurde dokumentiert und die entsprechenden Vorträge lassen sich auf den Seiten der Real World Economics als Video (z. T. auch nur als Audio-Mitschnitt) abrufen. Ich selbst finde auch nicht an allen Beiträgen Gefallen, aber eine Reihe interessanter Vorträge sind dort schon vorzufinden, u. a. der von Michael Kumhof, der beim Internationalen Währungsfond tätig ist und in letzter Zeit mit der Vollgeldidee in den Medien war; auch Jens Berger, der Spiegelfechter von den NachDenkSeiten, ist dort mit einen interessanten Vortrag über Island zu erleben; tja und Max Otte ist allein schon ob seiner Star Wars-Anleihen recht lustig anzusehen.

Allerdings genoss diese Veranstaltung wenig öffentliche Aufmerksamkeit. Es war zwar ein cleverer Coup, dort Oskar Lafontaine auftreten zu lassen (während Gerhard Schröder vor dem VfS sprach), doch letztlich blieben die Medien eher an diesem Polit-Ereignis haften, statt sich mit den Inhalten der Ergänzungsveranstaltung auseinanderzusetzen. Aber so ist das immer.

Sonst noch etwas? Wie wär‘s mit Anne Will: Am 17.10.2012 gab‘s eine Sendung zum Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr. Was mir zunächst erst einmal negativ auffiel, das war der suggestive Unterton, der letztlich für eine Verlängerung des Bundeswehreinsatzes plädierte. Irgendwie schien das auch auf Linie mit Herrn Thomas de Maizière zu sein, der sehr stark danach klang, für den Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan etwas mehr Zeit einzukalkulieren, sprich – die Bundeswehr soll dort länger vor Ort bleiben, was aber unter einer Reihe von Schönfärbebegriffen verdeckt wird (so zumindest die Lesart von Florian Rötzer auf Telepolis). Was hier empört, ist, dass jene, die von Anfang an gegen den Einsatz war und diesen auch weiterhin nicht gutheißt, wieder einmal übergangen und in der Sendung als realitätsferne Fundis dargestellt wurden.

Das zweite, was mich allerdings noch mehr aufregt, das ist dieser de Maizière: Wie kann mensch diesen Vollpfosten überhaupt noch als seriösen Talkgast einladen, nachdem er es nur als „unsensibel“ bezeichnete, den NSU-Untersuchungsausschuss nicht darüber in Kenntnis gesetzt zu haben, dass er vom Kontakt des MAD zu einem der NSU-Mitglieder wusste (SZ, Tagesspiegel und ZEIT). Mit dem verschleppen von Informationen hat Herr de Maizière offenbar Erfahrung (SZ, siehe auch Plutokraten). Also Hallo? Wäre das nicht mal ein Grund für einen Rücktritt oder gar für kritische Fragen? Hallo, investigativer Journalismus, wo bist du? Stattdessen also die nette Wohlfühlecke, mit Plüschfaktor, die aus einem Stachelschwein das nette Meerschweinchen von nebenan werden lässt. Also wenn schon nicht vernebeln, dann wenigstens mit Wattebällchen so zupflastern, dass nichts mehr erkennbar ist.