Sonntag, 28. Oktober 2012

Karpfen statt Lachs

Rolf Anschütz war Ingenieurökonom für Gastronomie und versuchte im tiefsten Thüringen, japanisch zu kochen. Mit seinem Erfolg brachte er die ganze HO- und Parteilleitung durcheinander und brachte es sogar zu einer Ausszeichnung durch den japanischen Kaiser. Das klingt nach einem interessanten wie skurilen Stoff für eine Verfilmung. Wenn dann noch der von mir hochgeschätzte Uwe Steimle die Hauptrolle übernehmen soll, was soll da eigentlich noch schief gehen?



Gestern war ich in "Sushi in Suhl", der diese Woche angelaufen ist. Der Film hält sich nur grob an die Hintergrundgeschichte von Anschütz, was durchaus zu verschmerzen ist. Das erste Drittel des Films ist unterhaltsam und mit Liebe zum Detail ausgestattet: Die ein oder anderen Klischees flakern zwar kurz auf, aber "Sushi in Suhl" ist weder ostalgisch, noch ist sie ein DDR-Drama - obwohl der Stoff natürlich sowohl Humoriges, als auch Tragisches bietet. Aber leider greift der Film nicht beherzt genug zu.

Mir ist klar, dass der humorvolle Umgang mit der DDR immer Gefahr läuft, zu einer billigen DDR-Klamotte zu verkommen. Aber meiner Meinung nach hätte der Film trotzdem eine derbere Prise Humor vertragen. Allerdings ist der Anschütz im Film eine tragische wie egoistische Figur: Das bringt der Film durchaus zum Ausdruck. Doch leider geht die Tragik in den schnellen Sprüngen, in denen dann die Geschichte vorangetrieben wird, völlig unter.

Lückenhaft ist der Film, wenn aus dem Off ständig der Sohn von Anschütz spricht, mensch über ihn aber wenig erfährt. Irgendwo mittendrin im Film ging er - meinem Gefühl nach - ganz verloren und ich fragte mich dann, warum am Ende weder etwas über ihn, noch über die Frau von Anschütz erzählt wird. Da sich der Film ohnehin nur grob an der Lebensgeschichte von Anschütz zu orientieren scheint, wäre doch noch etwas mehr drin gewesen. Und damit meine ich nicht, dass der Film hätte unbedingt in einem Happy End münden müssen!

Ärgerlich sind außerdem die Szenen im letzten Drittel, in denen lieblos der Bluescreen verwendet wurde. Offenbar hat mensch sich noch nicht mal im Ansatz die Mühe geben wollen, diese Szenen nicht wie Bluescreen aussehen zu lassen. Gut, als Kunstkniff mag das ja noch akzeptabel sein, dafür war's dann aber auch zu dilettantisch.

Überhaupt: Der Film fließt ab der Mitte - und besonders im letzten Drittel - zäh dahin, was u. a. daran liegt, dass es im persönlichen Leben des Film-Anschütz eine Wendung gibt. Statt hier aber verstärkt die Tragik herauszukehren, dümpelt der Film seinem noch in der Ferne befindlichen Ende entgegen. Tja und tatsächlich erst am Ende scheint den Filmmachern einzufallen, dass da noch etwas Tragik in der Figur steckt - aber das wirkt dann gekünstelt, gestresst, auf den letzten Drücker: Es passt einfach nicht.

Und dann wäre da noch Steimle. Ich weiß nicht, wie ich das sagen soll, denn ich mag Steimle eigentlich sehr. Doch irgendwie schien ihm die gewisse Leichtigkeit zu fehlen, die zur Darstellung nötig gewesen wäre. In den Szenen, in denen Anschütz die Entmutigung, Resignation und stille Trauer regelrecht ins Gesicht geschrieben war, da verspielte Steimle mit seiner Ernsthaftigkeit die notwendige Authentizität. In solchen Szenen wirkte Anschütz wie die Bühnenfigur Günther Zieschong, der im Film aber das Publikum fehlte. Der stille Pathos, der bei Zieschong auf der Bühne funktioniert, der funktionierte nicht im Film. Und das ist schade, denn eigentlich hätte sich Steimle nur etwas zurücknehmen müssen.

Nichtsdestotrotz war der Film, soweit ich das als Laie beurteilen kann, recht gut besetzt, u. a. mit Ina Paule Klink, Ernst-Georg Schwill und Hilmar Eichhorn, die ja vom Fernsehen her bekannt sein dürften. Möglicherweise lag es daher wohl auch an der Umsetzung des Stoffes bzw. am Drehbuch, dass der Film bei mir nicht so recht zünden wollte.

Fazit: "Sushi in Suhl" ist interessant, hat auch einige schönen Momente (z. B. das gemeinsame Baden und Musizieren) und wer mit Ost-Verwandten in den Film geht, hat sicher auch etwas zu lachen. Doch ab der Mitte verliert sich die Spannung, der Film wirkt dann streckenweise gehetzt und mündet letztlich in ein Ende, das dann zwar schon herbeigesehnt wurde, trotzdem aber ein unbefriedigendes Gefühl hinterlässt.

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