Donnerstag, 11. Dezember 2008

Verdummung pur mit Hartz IV

Gestern, am 10.12.2008, gab es eine „Phoenix-Runde“ zum Thema „Ist Hartz IV gescheitert? - Eine Reform und ihre Folgen“ (Video hierüber). Zu Gast: ein ehemaliges Mitglied der Hartz-Kommission, eine Vertreterin der Bundesagentur für Arbeit, ein Vertreter vom Sozialgericht Berlin sowie ein Autor vom Stern. Letzterer spielte einen etwas kritischen Gegenpart, der hauptsächlich drauf abhob, dass Hartz IV als „ungerecht“ empfunden wird; dass dieses Gesetz vom gesellschaftlichen Leben ausschließt und daher auch der Regelsatz sicher zu niedrig ist.

Dagegen schürten das ehemalige Mitglied der Hartz-IV-Kommission und die Tante von der Bundesagentur wieder unterschwellig gewisse soziale Wert(vor)urteile: Immer wieder sprachen sie nämlich von „Aktivierung“ und wie gut die „Aktivierung“ jetzt wirke; die Menschen sollen sich nicht „einrichten“ können. Toll! Unter dem Strich also wieder das Lied vom arbeitsunwilligen Müßiggänger, dem mensch nur kräftig genug in den Hintern treten muss!

Die Agentur-Tante brachte auch so tolle Zahlenbeispiele für die super Wirkung von Hartz IV, die sie „Fakten“ nannte und der „gefühlten Ungerechtigkeit“ entgegensetzte. Dass ein Teil arbeitender Menschen ergänzende Hilfe erhält und diese Zahl zunimmt (Stichwort: Aufstocker), das klang nur nebenher an. Darin verborgen ist ein Widerspruch: Einmal wird behauptet, dass die Leute aktiviert werden müssen und „sozial ist, was Arbeit schafft“, also Hauptsache „Arbeit“; andererseits nimmt aber die Zahl der AufstockerInnen zu, also Menschen, die arbeiten und wegen ihres niedrigen Lohnes staatliche Transferleistungen beziehen müssen!

Besonders unredlich ist es deshalb, Hartz IV einseitig auf „Arbeitslosigkeit“ zu reduzieren, obwohl es nicht mehr um Arbeitslosigkeit geht, sondern um Bedürftigkeit!

Dreist ist es auch, wenn behauptet wird, es würde überall aufgerufen, gegen die ARGEn zu klagen, und dabei der Unterton mitschwingt, dass es sich meist nicht um notwendige Klagen handle. Mehr oder minder drängt sich da einem wieder das Bild eines raffgierigen Sozialschmarotzers auf, der nichts tut und mit allen Mitteln versucht, Leistungen zu bekommen. - zur Not halt den Staat ausnutzt, indem er klagt. So hat das natürlich niemand gesagt; erst Recht niemand von der Bundesagentur. Aber jedermensch, der ein wenig zwischen den Zeilen lesen kann, weiß, wie die so gefärbten Phrasen gemeint und an wen sie adressiert sind!

Es ist der Sendung zwar hoch anzurechnen, dass dieses Mal nicht so viel politische Kasper dort herumlungerten. Um so ernüchternder ist es, dass die Sendung in der Summe leider wieder ziemlich in die Irre führte und erneut die Plattform für das Verbreiten gewisser Ressentiments gegenüber sozial Schwachen lieferte. Damit zeigt sich insbesondere, dass diese menscheindliche Einstellung egenüber Bedürftigen nicht nur in der Politik, sondern ebenfalls in den ARGEn verbreitet ist. Insofern muss die hohe Flut an Klagen gegen die ARGEn nicht verwundern.

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