Freitag, 3. Oktober 2008

Arbo und Einheit

Irgendwie ist das schon komisch: Seit Tagen enden meine Telefongespräche und Emails damit, ein paar schöne Feiertage zu wünschen. Irgendwie sonderlich routiniert, fast schon zu „normal“, der Jahreszeit entsprechend mit einem Geschmack von grauer Tristesse. Seltsam mechanisch. Ohne irgend einen Charakter von Feierlichkeit. Aber anders als z.B. der Buß- und Bettag oder Pfingsten sollte mich etwas mit der Deutschen Einheit verbinden, schließlich habe ich die ja erlebt! Ein eigenartiger Tag!

Erinnerung daran, wie es damals war, am 03. Oktober, habe ich nicht. Statt dessen stehe ich eher unter dem Eindruck der Wendezeit: Ein Abenteuer, wahnsinnig aufregend, zwanglos und doch irgendwie seltsam. Geprägt war diese vor allem durch Schulausfälle: Vielleicht erinnert sich noch jemand daran, dass in der DDR am Samstag bis Mittag unterrichtet wurde. In jener Zeit fanden die ersten „Flohmärkte“ am alten Zentralstadion in L.E. statt. Wurde anfangs noch jeglicher Krempel verscherbelt, mauserte sich das später zu einem Gemisch aus Schwarz-, Second-Hand- und Wochenmarkt. Klar, es tauchten auch solche abskuren Händler auf, die SA-Klamotten im Angebot hatten. Nicht vergessen werde ich diesbezüglich, wie meine Mutter oder Großmutter angewidert meinte: „Nee, da sind ja Faschos auf dem Markt. Braunhemden! Sowas, pfui!!!“.

Trotz dem, war es eine aufregende Zeit. Ein unheimlich geniales Flair!

Mit der Einheit war es damit aber irgendwie vorbei. Danach war alles anders. Kaum wirklich in Worte zu fassen. Aber wer es erlebt hat, wird wissen, was ich meine.

Und heute? Geschrieben wird dieser Tage wieder viel. Viel Halbwahres! Viel Halbfalsches! Viele Klischees! Gibt es „noch“ Unterschiede?

Ich könnte dazu ebenfalls viel schreiben, will es aber bei einer kurzen Abhandlung belassen. Ich denke, dass es sicherlich Unterschiede gibt und dass es sie aufgrund der unterschiedlichen Geschichte auch immer geben wird. Auf der anderen Seite gibt es auch immer wieder Studien und eine zweifelhafte mediale Ausbeutung dieses Themas.


Interessant ist auch der Ost-West-Vergleich. So zeigt sich, dass der Anteil derjenigen, die Demokratie entweder grundsätzlich oder zumindest das konkrete politische System kritisieren, im Osten deutlich höher ist als im Westen (Westen: 3 bzw. rund 16 Prozent, Osten: 6 bzw. 25 Prozent). Rechtsextreme Einstellungen sind im Osten mit 11 Prozent zudem etwas verbreiteter als im Westen (9 Prozent).

Quelle: “Politische Einstellungen: Fast alles nur Demokraten“, vom 25.09.2008
ZEIT.



Genau das lenkt meiner Meinung nach aber davon ab, dass die Grenze nicht vorwiegend geographisch, sondern durch die sozialen Situationen gezogen wird. Stichwort: Generation Praktikum, Prekariat und Unterschicht. Hier herrschen Probleme vor, die sich geographisch gesehen vielleicht dort mehr, dort weniger stark konzentrieren, die jedoch die Personen der entsprechenden Gruppen alle gemeinsam betreffen. Ich denke, dass sollte mensch im Auge behalten, wenn gerade in den letzten und nächsten Tagen wieder die Klischees aufgewärmt werden.


Musiktipp für heute: Bohren und the Club of Gore
(die spielen übrigens am 24.10.2008 im UT Connewitz!).

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