Sonntag, 27. Juli 2008

Den Anfängen wehren: Arbo über „Drückeberger“

Gerade dah ich auf den Seiten der ARD den Titel der aktuellen Anne-Will-Sendung “Kein Geld für Drückeberger - ist jeder Job besser als keiner?“ und dachte mir, „Du schreibst jetzt vielleicht doch mal einen Kommentar!“. Mein Text ...

Eigentlich tut es Not, über das Thema zu sprechen. Aber leider vermute ich, dass es sich wohl doch nur wieder in die üblichen Phrasen verlaufen wird. Gemeint ist das „übliche“ sortieren nach „nützlichen“ und „unnützen“ - sprich: faulen - Arbeitslosen.

Allerdings handelt es sich längst nicht mehr um DIE Arbeitslosen. Das Arbeitslosengeld II wird unlängst auch als „Aufstockerleistung“ gezahlt. Alle, die nun angesichts ihrer extrem niedrigen Löhne über „die faulen Arbeitslosen“ herziehen wollen, sollten deshalb daran denken, dass auch sie einen Anspruch auf ALG 2 hätten; im entsprechenden Rahmen der Regelungen zum Midi- und Minijobs würden sie über dem liegen, was ein Arbeitsloser bekäme, der nicht arbeitet.

Ferner sei darauf verwiesen, dass es eine äußerst unschöne „Tradition“ gibt, gegen auch soziale Aussenseiter herzuziehen, zu deren zweifelslos geschmacklosen Erfolgen in der Geschichte sicherlich auch die „schwarzern Winkel“ im Dritten Reich zählen. Wenn also wieder typische Klischee-Bilder gezeichnet werden, Begriffe wie „Schmarotzer“ oder „Parasit“ auftauchen, sollten die Allarmglocken schellen. Deratige menschenfeindlichen Tendenzen kann / sollte sich eigentlich kein Staat wie die BRD leisten können.

Denn Fakt ist: Alle sitzen im gleichen Boot. Das Konstrukt „Hartz IV“ ist eine Falle, aus der es schwer ist, wieder richtig auf die Beine zu kommen.

Dazu aber noch ein paar Anmerkungen. Aufgrund meiner Erfahrungen mit ALG 2 hätte ich noch etwas anderes scheiben können. Wenn ich aber sowas wie „Drückeberger“ lese, bekomme ich bisweilen durchaus ein unbestimmtes Wutgefühl in meiner Bauchgegend. Soweit ich mich erinnere, hatte selbst die Bundesagentur für Arbeit einmal ermittelt, dass der Prozentsatz sogenannter „Drückeberger“ in etwa bei 3% (der Bezieher) läge.

Auf der anderen Seite passt das ganz gut ins Bild. Zur Zeit lese ich ein paar Artikel / Bücher zum Thema Armut und kann daher festhalten, dass dieses Bild von „unnützen“ und „nützlichen“ Arbeitslosen keineswegs neu ist. Allerdings war „Arbeitslosigkeit“ immer auch ein „Ordnungsproblem“, sprich: Erwerbslose bedrohen die öffentliche Ordnung. Daher müssten Erziehungsmaßnahmen her. Notfalls muss die Gesellschaft vor diesen Leuten geschützt werden. Überspitzt gesagt gipfelte das dann in jenes, was die Nazis im Wahn ihrer „Volkshygiene“ zahlreichen „unnützen Arbeitslosen“ haben „angedeihen“ lassen.

Um Menschenwürde ging es dabei nicht. Und wenn wir heute wieder solche Klischees kultivieren, die das Herabwürdigen von bestimmten (sozialen) Schichten beflügeln, zeugt das von einer äußerst fragwürdigen Tendenz. Wehret den Anfängen!, möchte ich da sagen.

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